
Unser alljährliches Hochtourenwochenende steht vor der Tür. Leider soll die Hitze- und Sonnenwelle genau an diesem Wochenende pausieren. Die Gruppe ist sich dennoch einig, es zu probieren und freitags zur Wiesbadener Hütte aufzusteigen. Daher machen wir uns Freitagmorgen auf den Weg zum Silvretta-Stausee, dem Ausgangspunkt für die Wiesbadener Hütte.

Auf der Fahrt dorthin regnet es bereits einige Male und als wir auf die Biehlerhöhe auf 2.071 m, beim Stausee, ankommen, haben die Temperaturen der letzten Tage bereits etwas abgenommen. Wir parken das Auto auf dem Dauerparklatz. Übrigens das Parken dort oben ist kostenlos, dafür muss man für die Nutzung der Silvretta-Hochalpenstraße eine Maut (PKW 18 Euro und E-PKW 14 Euro) zahlen.
Kleiner Tipp: Nehmt die Quittung mit hinauf zur Wiesbadener Hütte, diese wird dort abgestempelt, so dass man kostenlos die Mautstraße auch nach mehreren Tagen verlassen kann.
Wir marschieren entlang des Stausees und ein kleiner Hagelschauer überfällt uns. Trotz abgekühlter Luft hält uns die Bewegung warm. Kurz bevor wir das Ende des Stausees erreichen fängt es nochmal stärker an zu regnen. Nach dem Stausee halten wir uns weiter links, Wegschilder weisen uns den Weg. Ab hier wird es auch deutlich steiler und wir spüren das schwere Gepäck immer deutlicher. Zum Glück wird der Regen wieder sanfter, bis er ganz aufhört und sogar die Sonne rauskommt und uns wieder trocknet. Nach ca. 2 h erreichen wir die Wiesbadener Hütte und sind froh endlich die Rucksäcke abnehmen zu können. Auf der Terrasse genießen wir zusammen mit zwei Bergfreunden aus unserer Gruppe die Aussicht auf den Piz Buin und das Silvrettahorn und begutachten schon einmal die morgige Strecke. Unsere anderen vier Wegbegleiter stoßen erst kurz vor dem Abendessen zu uns und mussten den Großteil des Weges im Regen meistern. Nach dem Essen schauen wir uns nochmal die Tour auf den Piz Buin ein, bevor es gegen 21 Uhr in die Betten geht, schließlich klingelt der Wecker morgen um 4:30 Uhr. Hoffentlich hält das Wetter, was der Wetterbericht verspricht. Am Abend erkennt man einen teils blauen Himmel, der uns Hoffnung schöpfen lässt.
Der Piz Buin ist der höchste Berg Vorarlbergs und der Dritthöchste der Silvretta. Durch seine, im Silvretta gelegene, zentrale Lage dient er quasi als Grenzberg zwischen Österreich und dem Schweizer Kanton Graubünden und stellt ein beliebtes Hochtourenziel dar.
Die von der Wiesbadener Hütte ausgehenden Touren sind vergleichsweise kurze bis mittlere Hochtouren. Das erklärt wieso das Frühstück i.d.R. erst um 6 Uhr in der Früh aufgetischt wird. Für uns und unsere Gruppe heißt es jedoch „der frühe Vogel fängt den Wurm“. Daher starten wir am Tag 2 schon kurz nach 5 mit unserer ersten Hochtour, dem Piz Buin. Der Wetterbericht war am Abend zuvor nicht ganz eindeutig, ob uns in der früh nicht doch noch eine kleine Dusche bevorsteht. So stehen wir also alle fertig gesattelt draußen vor der Hütte und starren in die Dunkelheit. Wir verspüren einen ganz leichten Nieselregen auf unseren Softshelljacken. Die Temperaturen sind jedoch schon früh morgens ungewöhnlich warm. So dauert es auch nicht lange, bis die ersten Schichten wieder im Rucksack verschwinden.

Im Schein unserer Stirnlampen machen wir uns auf den Weg Richtung Ochsentaler Gletscher. Der gut sichtbare Weg führt über loses Gestein und einigen behelfsmäßigen, kleinen Gletscherbachbrücken erst unterhalb der grünen Kuppe und wenig später unterhalb des Silvrettahorns zum Gletscher. Der Gletscherschwund macht sich auch hier bemerkbar. In den letzten Jahren hat sich die Route zum Gletscher mehrmals verlagert. Früher konnte man über den Vermuntgletscher und das Wiesbadener Grätle aufsteigen und vor ein paar Jahren war auch noch der Weg südlich der Grünen Kuppe möglich, welcher direkt zu den Abbrüchen des Ochsentaler Gletschers führte.
Ungefähr 1,5 h nach dem wir von der Hütte aufgebrochen sind, erreichen wir den Anseilplatz am Gletscher (2.590 m). Wir legen unsere Steigeisen an und finden uns in den vorher abgesprochenen Seilschaften zusammen. Danach führt der Weg zunächst steil an den Gletscherabbrüchen empor, ehe wir in einem großen Linksbogen die Buinlücke (3.054 m) anvisieren. Im Hochsommer, speziell bei den extremen Temperaturen in diesem Jahr, wenn der Gletscher aper ist, lässt sich mitunter auch eine direkte Linie über den Ochsentaler Gletscher finden. Nach dem wir jedoch mehreren Spalten ausgewichen sind, entscheiden wir uns den größeren Linksbogen zu laufen, um dort schneller voran zu kommen. An der Buinlücke, der markanten Scharte zwischen Großem und Kleinen Piz Buin angekommen, lassen wir Seil und Steigeisen unten und betraten den Nordwestgrat Richtung Gipfel.

Wichtiger Hinweis: Aufgrund der warmen Temperaturen, sollte man nicht direkt unterhalb des Kleinen Piz rasten. In der Wiesbadener Hütte hingen Warnhinweise hinsichtlich Steinschlaggefahr aus. Auch wir konnten immer wieder kleinere und größere Felsbrocken den Kleinen Piz hinunterbrechen sehen.
Der Nordwestgrat ist weder schwierig noch anspruchsvoll. Zumindest nicht zu den aktuellen hochsommerlichen Bedingungen. Im Winter oder zu Beginn der Saison wenn noch Schnee liegt, ist auf jeden Fall Vorsicht geboten. Daher die Ausrüstung für den Gipfelanstieg (Seil, Pickel, Steigeisen) immer gemäß den Wetterbedingungen anpassen. Kurz vor dem Gipfel wartet ein kurzer Kamin im II. Grad (UIAA) der maximal eine einfache Kletterei abverlangt und als Schlüsselstelle bezeichnet werden kann. Bei Bedarf kann hier über vorhandene Bohrhaken gesichert werden. Über Schutt und Blockwerk folgen wir den Steigspuren bis zum Gipfel (3.312 m), den wir in ca. 4 h erreichen. Hatten wir beim Aufstieg über den Nordwestgrat noch zugezogener Wolkendecke und leichtem Nebel zu kämpfen, hat sich dieser bis zum Gipfel größtenteils verzogen, sodass uns eine Aussicht auf die umliegenden Berge nicht gänzlich verwehrt blieb.
Der Abstieg erfolgt auf demselben Wege. Den Kamin klettern wir ungesichert wieder hinab. Nahe der Buinlücke legen wir die Steigeisen und das Seil an und machen uns auf den Rückweg über den Gletscher. Vom Gipfel hatten wir einen guten Überblick über den Rückweg da eine deutlich ausgeprägte Spur im Firn erkennbar war. Daher gestaltet sich die Wegfindung zum Anseilplatz als unkompliziert und der Rückweg als schneller. Wenig später stehen wir wieder am Anseilplatz und folgen dem Weg zurück zur Grünen Kuppe und der Wiesbadener Hütte.

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