Kilimanjaro | Afrika

Veröffentlicht am 14. August 2021 um 16:55

Freitagmorgen 07:00 Uhr. Wir stehen in Frankfurt am Main am Flughafen und als wir die Gangway betreten, beginnt unser bisher größtes Abenteuer als Bergsteiger. Die Besteigung des 5.895m hohen Kilimanjaro. Viele halten den Kilimanjaro für einen der einfachen, wenn nicht einfachsten, der sogenannten Seven Summits. Zugegeben, technisch herausfordernd ist der Kibo, wie der Kilimanjaro umgangssprachlich genannt wird, nicht gerade. Die wohl größte Herausforderung ist neben dem mehrtägigen Trip sicherlich die Höhe. Mit seinen 5.895 m kratzt er schon ganz gehörig an der 6.000er Marke.

Da wir bisher nur in den Alpen unterwegs waren und unsere Hochtourenkenntnisse eher auf der österreichischen Seite zu veranschlagen sind, haben wir uns für die Lemosho Route entschieden, um den höchsten Punkt Afrikas zu bezwingen. Die Lemosho Route kann entweder in sieben oder wie in unserem Fall in acht Tagen gemacht werden. Da wir die Chancen auf den Gipfel möglichst hochhalten wollen, ist uns im Vorfeld eine gute Akklimatisierung wichtig. Wir wollen unbedingt vermeiden, dass wir Höhen krank werden. Daher haben wir uns für die ausgedehntere Variante entschieden.

Landschaftlich ist die Lemosho Route mit Abstand die schönste Route auf das Dach Afrikas. Sie führt durch insgesamt fünf verschiedene Vegetationszonen. Wir starten zunächst auf 2.385 m vom Londorosi Gate zum Big Tree Camp. Hier laufen wir ca. 400 Hm und die Strecke von knapp 7 km wird mit 3-4h angegeben. Effektiv waren es dann doch nur 2.5 h. Dennoch haben die großzügig angesetzten Zeiten durchaus eine Daseinsberechtigung. Denn das Motto am Kibo ist „Pole Pole“ was so viel bedeutet wie „Langsam, Langsam“. Für uns schon mal gleich zu Beginn eine deftige Umstellung von unserer normalen „Pace“ hinzu einer sehr gemütlichen Gangart. Aber wir bemerken, es hat auch Vorteile; so lässt sich doch die tolle Landschaft gleich viel besser entdecken. Der erste Abschnitt der Tour führt nämlich durch den Regenwald. Sehr schön angelegte Wege schlängeln sich durch dichten Urwald und wir sichten auch das Mal Affen in freier Natur. Im Big Tree Camp angekommen werden unsere Zelte aufgebaut und wir erhalten auch bald die erste von vielen leckeren Mahlzeiten. An dieser Stelle nochmal ein Riesenlob und Dankeschön an unseren Koch Andrew, der einfach wahnsinnsgeile Sachen gekocht hat. Bedenkt man doch die Umstände und Ausrüstung unter denen er die Mahlzeiten gekocht hat. Wir haben dreimal am Tag eine Mahlzeit erhalten und nie sind wir hungrig vom Tisch aufgestanden.

Tag zwei war die erste etwas längere Tour. Vom Big Tree Camp (2.780 m) ging es auf das 3.500 m gelegene Shira Camp 1. Langsam aber sicher verlassen wir den Regenwald und betreten die zweite Vegetationszone, das Moorgebiet. Charakteristisch kennzeichnend ist dieser Abschnitt durch kleine latschenähnliche Sträucher. Circa 8 km werden es am Ende des Tages sein, die wir hinter uns lassen. Anstrengend ist es bisher nicht. Die Temperaturen sind mild und das Wetter noch stabil. Unser Gepäck ist Dank der Träger nur mit dem nötigsten Tagesbedarf gefüllt. Hätten wir das im Vorfeld von unserem Reiseanbieter im Detail gewusst, hätten wir sicherlich das ein oder andere Kleidungsstück noch mitgenommen. So hatten wir nur zwei Garnituren Klamotten dabei. Eine für die Tage 1-3, die hauptsächlich aus leichten Klamotten und Schuhen bestand und eine für die Tage 4-7, welche primär unsere Hochtouren Klamotten und die festen Bergstiefel beinhalten. Für den letzten Tag haben wir uns wieder in die leichten Klamotten gezwängt. Zugegeben nicht gerade lecker, aber Luxus braucht man am Berg auch nicht erwarten. Wenn ihr wüsstet, wo das Klo war….

Als wir am Shira Camp 1 ankamen, zog das Wetter etwas zu. Nichts ungewöhnliches versichert man uns, da sich das Wetter hier in der Gegend am Berg recht rasch verändere. In der Nacht kam es dann zum ersten Regenguss und dann wurde es auch ein wenig feucht im Zelt. Abgesehen davon, dass man nur schwer eine Auge zukriegt, wenn gefühlt der halbe Victoriasee auf einen runterprasselt. Da war es dann auch nicht von Vorteil, dass unsere Nacht ja immer sehr früh endet. Denn unser Bergfrüher geht frei dem Motto: der frühe Vogel fängt den Wurm. Oder in dem Fall, was man halt so fangen kann in einer kargen Gegend aus Sand und Stein. Wahrscheinlicher als Würmer wären wahrscheinlich eher Eidechsen. Wie dem auch sei, Tag 3 begann auf jeden Fall freundlicher. Um 7 Uhr ging es wie jeden Tag los zum dritten Etappenziel, dem Shira Camp 2 auf 3.900 m. Erneut waren es ca. 10 km die wir an dem Tag abspulten, aber mit lediglich 400 Hm ging es eher flach und gemächlich zu. Dieser Teil der Route führt nun durch die sogenannte Lavalandschaft. Überall liegen kleine und größere Brocken, die bei der letzten Eruption aus dem Krater gefeuert wurden. Eine bizarrer als die andere. Als wir im Camp ankommen konnten wir im Lauf des Tages einen so klaren und wunderschönen Blick auf den Kilimanjaro erhaschen, wie die Tage zuvor nicht. Die Szenerie war einfach wunderschön und beeindruckend. Strahlenblauer Himmel und fast keine Wolken am Himmel und davor der imposante Kibo.

Als wir am vierten Tag wieder um 7 Uhr losmarschieren, haben wir uns diesmal in unsere Hochtouren Klamotten gepackt. Denn am Tag 4 geht zum ersten Mal auf 4.600 m zum sogenannten Lava Tower. Eine riesige von Lava aufgetürmte Felsformation, die vor Jahren sogar noch zum Klettern einlud, mittlerweile jedoch aufgrund des brüchigen Felsens gesperrt ist. Die Etappe soll unserem Körper die Möglichkeit geben, sich an die ungewohnten Höhen zu gewöhnen. Das Prinzip heißt hier, „Walk high, sleep low“. Das bedeutet man steigt erst einige Höhenmeter nach oben auf und läuft dann wieder ab, um seinen Körper zu akklimatisieren. Dieses Vorgehen wird uns die kommenden Tage noch viel begleiten. Auf diesem Abschnitt betreten wir dann die vierte Vegetationszone, die alpine Wüste. Eine karge Landschaft, die aussieht als wäre sie von einem anderen Stern. Mit jedem Schritt knackt es als würde man auf Glas laufen. Gegen Mittag erreichen wir den Lava Tower, verputzen dort unsere Mahlzeit (Chicken mit Pommes, jawohl es gab Pommes auf 4.600 m Höhe, geil oder?) und beginnen dann langsam den Abstieg ins Barranco Camp. Der Weg führt uns vorbei an einer Auswahl an Bäumen und Sträuchern, wie die Senezien, die es nur am Kilimanjaro gibt. Im aufkommenden Nebel sehen diese aus wie unheimlich verformte Gestalten.

Tag 5 ist Kraxeltag! Wir steigen nämlich auf die Barranco Wall auf. Wir starten im Camp auf ca. 4.000 m und müssen für unseren weiteren Weg zum Karanga Camp die mächtige Barranco Wall auf 4.200 m bezwingen. Früh morgens ist es auf dieser Höhe nun sehr frisch und schattig, so dass wir für die Kletterstellen unsere Handschuhe verwenden müssen. Es sollte aber ein schöner und sonniger Tag werden, daher dauert es auch nicht lange bis die Zwiebeltaktik wieder greift. Oben auf der Barranco Wall angekommen, verstauen wir schon die ersten Kleidungsstücke. Der weitere Weg verläuft nun in immer kleiner werden Auf- und Abstiegen bis wir am frühen Vormittag das Karanga Camp auf 4.065 m erreichen. Hier treffen nun erstmals die anderen Routen zusammen und die Camps werden auf einmal deutlich voller. Wir genießen unsere Mahlzeiten und sorgen für einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt und entspannen den restlichen Tag. Denn Tag 6 und 7 stehen langsam bevor und es wird ernst.

Am sechsten Tag steigen wir erneut auf 4.600 m auf. Mit rund 4 km ist die Strecke zum Barafu Camp nicht besonders lang, mit 600 Hm aber etwas anstrengender. Auch hier verläuft der Weg mit kleineren An- und Abstiegen durch die alpine Wüste. Das letzte Stück zum Barafu Camp verläuft nochmal etwas steiler und felsiger. Dann aber stehen wir auf dem letzten Basislager und erblicken ehrfürchtig zur mächtigen Kilimanjaroflanke. Unser Guide erklärt uns, wo die Aufstiegsroute entlang verläuft und wir können schon die ersten Gipfelstürmer sehen, die bereits wieder auf dem Weg nach unten ins Camp sind. Er gibt uns noch den Tipp uns viel auszuruhen und weiterhin viel zu trinken. Nur nach 6 Tagen nonstop Schwarztee, hängt dieser uns schon ganz schön aus dem Hals. Wir trinken teilweise nur heißes Wasser und nuckeln an unserer Trinkblase. Wenige Stunden nach dem wir im Camp angekommen sind, erhaschen uns die ersten Probleme was die Höhe angeht. Während mir der Schädel brummt, leidet Thea an Übelkeit und Kreislaufproblemen. Wir liegen viel im Zelt und versuchen uns auszuruhen. Der ganze Tag heute wird etwas kürzer ausfallen als die Vorigen. Denn wir müssen um 23 Uhr wieder aufstehen, damit wir pünktlich am Samstagmorgen um 0 Uhr Richtung Gipfel aufbrechen können. Daher gibt es auch schon gegen 17 Uhr Abendessen und wir liegen bereits gegen 19 Uhr in den Schlafsäcken. Draußen tobt ein heftiger Sturm, der an unserem Zelt rüttelt. Kurz bevor wir die Befürchtung äußern, dass die Heringe evtl. ihrem Job nicht nachkommen werden, versinken wir in einen kurzen, unruhigen aber seltsamerweise recht erholsamen Schlaf.

Um 23 Uhr werden wir geweckt. Es geht los. Wir ziehen sämtlich uns verfügbaren Lagen an und torkeln aus unserem Zelt hinaus und hinein in das Versorgungszelt. Es erwartet uns diesmal ein leichtes Frühstück aus Keksen, Tee und etwas Porridge. Nur nicht zu viel den Magen vollladen. Pünktlich um 0 Uhr machen wir uns auf den Weg. Die Kopfschmerzen und die Übelkeit sind erstmal verflogen und die Aufregung und Vorfreude beginnt sich breit zu machen. Leider nur nicht für lange. Wir erreichen nach ca. 40 Minuten das Kosovo Camp auf 4.800 m. Als wir uns der 5.000 m Marke nähern, schlagen die Leiden wieder zurück. Wieder sind es bei mir mehr Kopfschmerzen und bei Thea mehr Übelkeit. Letzteres sogar so heftig, dass sie immer wieder zusammenbricht. Aber sie kämpft sich jedes Mal wieder hoch und läuft weiter. Respekt kann man hier nur sagen! Wir versuchen zwar einigermaßen unseren Flüssigkeitshaushalt auf Stand zu halten, aber es gelingt uns nicht. Es ist dunkel und kalt und der Körper will alles aber gerade keine Nahrung. Wir versuchen als weiterhin das Wasser in unseren Körper zu pumpen. Als es aufgrund der Höhe kälter wird und das Wasser in unserem Trinkschlauch friert, steigen wir auf unseren Tee in der Thermosflasche um. Die so hochgelobten Power Bars bleiben nahezu komplett verschmäht, stattdessen schaffen wir es gerade so uns mit Traubenzucker zu füttern. Als wir endlich am Stella Point ankommen ruft unser Guide „Noch 40 Minuten!“ aus und auf einmal sind wir wieder da. Motiviert die letzten Meter zum Gipfel zu schaffen, schleppen wir uns den Kraterrand entlang. Der Wind zieht nun heftig an uns und wir haben Mühe gegen den eisigen Wind anzukommen. Dann um kurz nach 6 Uhr in der Früh, nach 6 Stunden langem Aufstieg, erblicken wir das uns bekannte Schild das den Uhuru Peak markiert. 5.895 m wir haben es geschafft! Schnell schießen wir ein paar Bilder und saugen die Ausblicke ein. Auf der einen Seite geht es runter in den Krater, auf der anderen Seite sieht man noch Reste des Gletschers. Während die Sonne aufgeht, machen wir uns langsam auf den Rückweg, mit dem wohligen Gefühl etwas Großes geschafft zu haben.

Im Barafu Camp angekommen, fallen wir erstmal erschöpft ins Zelt. Eine kurze Stunde Schlaf wird uns gewährt, ehe zum Mittagsessen gerufen wird. Danach geht es auf der Mweka Route weiter abwärts Richtung Mweka Camp auf 3000 m. Dort erholen wir uns von dem langen und anstrengenden Tag. Tag 8 führt uns dann vorbei an der Lavalandschaft, dem Moorgebiet und dem Regenwald in Richtung Moshi, wo auch schon der Bus auf uns wartet. Ein tolles und unglaubliches Erlebnis ist zu Ende gegangen. Eines das wir sicherlich so schnell nicht vergessen werden.

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